Politiker in der Pharmaindustrie – Das falsche Spiel mit den Patienten

Oder: Zwischen gewissenhafter Forschung und geschickter Manipulation

Gut erforschte Medikamente, die gegen Krankheiten wirklich helfen und dabei so wenige Nebenwirkungen wie möglich haben – das wünschen wir Verbraucher uns von den Pharmakonzernen. Die Chancen scheinen gut zu stehen, denn auf dem Markt erscheinen immer neue Arzneimittel und Patente für innovative Biotechnologien. Von allen Erwerbstätigen waren im Jahr 2007 sechs Prozent im Wirtschaftszweig „Herstellung von chemischen Erzeugnissen“ beschäftigt. Hochqualifizierte Wissenschaftler bescheren der deutschen Pharmaindustrie Umsätze in Milliardenhöhe.

Doch noch weit mehr Geld als für die Entwicklung neuer Medikamente gibt die Pharmaindustrie für die Vermarktung ihrer Produkte aus. So betragen, laut den kanadischen Forschern Marc-André Gagnon und Joel Lexchin, die Kosten für die Herstellung von Arzneimitteln in den USA nur der Hälfte von dem Geld, das die Konzerne in Werbung, PR und Lobbyarbeit stecken. Dabei sind es nicht nur Werbespots in TV und Zeitschriften, sondern auch die kostenlosen Proben die uns Apotheker und Ärzte mitgeben, um uns Patienten von der Güte eines Produkts zu überzeugen. Pharmakonzerne richten Websites für Selbsthilfegruppen ein, sponsern deren Treffen und manipulieren die Organisationen, um ihre Medikamente gewinnbringend auf den Markt zu bringen.

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Aber nicht nur wir Endverbraucher werden eher durch gezielte Werbemaßnahmen als durch wirkliche Erfolgsmeldungen von den Arzneistoffen überzeugt. Auch die Ärzte und Politiker hat die Pharmaindustrie gut im Griff: So werden Mediziner in regelmäßigen Abständen von sympathischen und überzeugungsstarken Pharmareferenten besucht, die ihnen die neuesten und besten Produkte ihres Unternehmens vorstellen.

Sie glänzen gleichzeitig durch Fachwissen und Verkaufstalent, sind kommunikativ und einfühlsam. Sie beraten die Ärzte und stellen ihnen Neuerungen vor – immer im Sinne ihres Unternehmens, versteht sich.

Mehrmals jährlich laden die Konzerne Mediziner zu Konferenzen und Fortbildungen ein, auf denen Hersteller, aber auch praktizierende Ärzte und Professoren von ihren Erfahrungen mit den jeweiligen Medikamenten berichten, natürlich gegen eine angemessene Bezahlung durch den Hersteller.

Die Frage, wie neutral oder gar kritisch diese Berichte dann wirklich sein können, erübrigt sich von selbst. Aber nicht nur die Referenten auf solchen Kongressen bekommen gutes Geld für ihre Arbeit. Auch die Zuhörerschaft erhielt jahrelang neben den Reisekosten auch einen mehrtägigen Aufenthalt im Luxushotel – alle Wellnessangebote, kulinarische Leckerbissen und wertvolle Geschenke inklusive.

Um aber den faden Beigeschmack der Bestechung loszuwerden, gibt es seit 2004 in Deutschland den Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V. (FSA)“, womit die Pharmakonzerne dem von Seiten der Politik geforderten Korruptionsbeauftragten zuvorkamen. Alle Mitglieder verpflichten sich einem Kodex und erhalten bei Nichteinhaltung Strafen bis zu 250.000 Euro.

Dies wiederum führte unweigerlich zu einem drastischen Buchungsrückgang in Fünf-Sterne-Hotels. Im Berliner InterConti beispielsweise entfallen von den 140.000 Übernachtungen 60.000 auf Kongressteilnehmer, so der Direktor des Hotels, Willy Weiland, gegenüber der Berliner Morgenpost.

Um weiterhin die Gäste der Pharmakonzerne begrüßen zu dürfen, haben jetzt fünf der insgesamt 18 Berliner Luxus-Häuser sogar ihre Sterne zurückgegeben – Preise und Angebot bleiben zwar, aber die Hotels fallen nicht mehr unter die vom FSA ungeliebten Kategorien „Luxusherbergen“.

Ob dadurch die Pharmakongresse und die reich beschenkten Ärzte zurückgeholt werden können, bleibt abzuwarten. Fest steht jedenfalls, dass ein Mediziner, der durch freundlich-kompetente Pharmareferenten, gute Angebote und kleine Aufrichtigkeiten manipuliert wird, Arzneimittel nicht unbedingt NUR nach dem Optimum für den Patienten auswählt.

Genau ebenso wichtig wie das gute Verhältnis zu Ärzten und Apothekern ist für die Pharmakonzerne aber die Verbindung zu Politikern und Entscheidungsträgern.

Lobbyveranstaltungen, kollegiale Kontakte, aber auch undurchsichtige Verbindungen zu Gesundheitsministerien und Parteien sind immer dann von sehr großem Vorteil, wenn wichtige Neuerungen im Gesundheitswesen anstehen, gerade entwickelte Arzneimittel und Biotechnologien auf den Markt kommen sollen oder es darum geht, sich sonstige wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen.

Während die Ärzte – zumindest teilweise – mit den Fakten der Forschungsergebnisse gewonnen werden müssen, steht in der Politik eine gute Argumentation und Überzeugungskraft noch stärker im Vordergrund.

Politiker sind nun mal nicht vom Fach, und so erklärt sich von selbst, dass sie sich mehr für eine gut vorgetragene Rede über mögliche zusätzliche Arbeitsplätze und Steuereinnahmen durch einen Pharmakonzern interessieren als für detaillierte Beschreibung der Arzneien selber.

Eben weil sich die Politiker auf dem Gebiet nicht auskennen, fragen sie dann auch selber bei den ihnen vertrauten Lobbyisten nach, wenn es um wichtige Entscheidungen geht. Und diese können dann, gut vorgetragen, die Interessen ihrer eigenen Auftraggeber leicht durchsetzen.

Daher erstaunt es auch nicht, dass es sich bei den Interessenvertretern oft um sehr gute Rhetoriker handelt. Während Pharmareferenten nämlich normalerweise ein abgeschlossenes Studium im Bereich Medizin, Pharmazie, Tiermedizin, Biologie oder Chemie vorweisen, haben Lobbyisten ihre Karriere nicht selten selber als Politiker begonnen, um dann irgendwann die Seite zu wechseln.

Denn wer Politiker überzeugen möchte, der muss sich in dem Metier auskennen, muss Hintergründe und Verflechtungen der Ministerien durchschauen und auf Augenhöhe mit den Parlamentariern debattieren.

Doch wie kann man sich besser zu Vertrauten der Politiker machen, als sich mit den Leitern der Ministerien und Bundestagsabgeordneten in einer gemütlichen und vertraulichen Runde zu treffen.

Dem ZDF-Magazin Frontal21 wurden die Dreharbeiten einer luxuriösen Bootsfahrt polizeilich untersagt, zu der der Verband forschender Arzneimittelhersteller e. V. (vfa) die höchsten Vertreter unseres Landes in Berlin eingeladen hatte.

Denn man will unter sich sein, ohne dabei den Verdacht der Bestechlichkeit, Vetternwirtschaft und Korruption zu erwecken, aber wohl noch dringlicher, um die geheimen Abmachungen und Verstrickungen nicht an die Öffentlichkeit kommen zu lassen (vgl. die Sendung Frontal21: Pharmamafia – Selbstmord durch Antidepressiva. Wenn Sie das in einer Videosuchmaschine eingeben, werden sie den Beitrag sicher finden)

Cornelia Yser, die zu diesem Treffen einlud, war vormals angesehene CDU-Abgeordnete und Mitglied des Deutschen Bundestages. Sie war Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Frauen und Jugend, später im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Aus diesem Amt verabschiedete sie sich 1997, um Hauptgeschäftsführerin des vfa zu werden.

Sie gilt heute als mächtigste Pharmalobbyistin Deutschlands. Sie ist kein Einzelfall. Erschreckend hoch ist die Anzahl der ehemaligen hohen Politiker, die heute als Interessenvertreter der Pharmaindustrie in Erscheinung treten.

  • Die frühere Grünen-Politikerin Andrea Fischer beispielsweise, die selbst drei Jahre lang Bundesministerin für Gesundheit war und sich damals immer wieder mit den Größen der Pharmaindustrie anlegte, ist heute ebenfalls Publizistin und Lobbyistin der Pharmagiganten: Eine 180-Grad-Drehung von der Ökoaktivistin zur profitgierigen Gegenseite. Für Geld wirft man gerne einmal kurzerhand seine lang gehegten Ideale über Bord!
  • Der CDU-Politiker Horst Teltschik war Vize-Kanzleramtschef, heute ist er Mitglied im Verwaltungsrat des Pharmariesen Roche. Als Lobbyist bezeichnet er sich selber nicht sehr gerne, zu schlecht ist das Image dieses Berufsstandes. Wie gerne und gedankenlos Politiker die Seiten wechseln, zeigte er schon 2003 eindrucksvoll. Damals war er nicht nur Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, sondern gleichzeitig „President Boeing Deutschland“ bei dem amerikanischen Rüstungs- und Luftfahrtkonzern. Interessenkonflikte sah Teltschik, im Gegensatz zur breiten Öffentlichkeit, darin überhaupt nicht.
  • Hermann Hofmann, ehemaliger Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, leitet nun die Kommunikation von Sandoz, einem Hersteller von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln. Peter Schmidt war gesundheitspolitischer Referent für die SPD-Bundestagsfraktion und Abteilungsleiter im „Prüfdienst Krankenversicherung“. Jetzt ist er Geschäftsführer des Arzneimittelverbands Pro Generika e.V..

Die Liste der in die Industrie gewechselten Politiker ist beliebig weiterzuführen – in Deutschland ebenso wie in den USA, Großbritannien und anderen marktführenden Staaten. Alleine aus der Schröder-Regierung wechselten mindestens zwölf Parlamentarier zu den Lobbyisten, allerdings nicht allein in die Pharmaindustrie, sondern auch in andere profitable Branchen.

Ebenso wechseln auch immer wieder Größen der Pharmaindustrie in politische Bereiche, um die Interessen der Industrie noch besser durchsetzen zu können.

Amerikanische und britische Experten schätzen, laut der linksliberalen Wochenzeitung „der Freitag“, dass im Gesundheitssektor zwischen drei und zehn Prozent der Ausgaben für Betrug, Missbrauch und Korruption draufgehen.

Wundert es da, dass immer mehr Kritiker von Mafia-ähnlichen Methoden reden? Müssen wir nicht jedes neue Medikament kritisch betrachten, wenn wir wissen, dass die Zulassung möglicherweise auf Korruption, Redegewandtheit und alte Parteifreundschaften zurückzuführen ist? Können wir Politikern Glauben schenken, die uns beispielsweise suggerieren, die Schweinegrippe-Epidemie werde sich zum Herbst hin noch einmal drastisch verschlimmern – und für diese Panikmache möglicherweise von den Konzernen kleine Aufmerksamkeiten erhalten?

Während die Parlamentarier uns auf der einen Seite erzählen, wie sicher und frei von Nebenwirkungen die Impfung sei, bekommen sie selber einen besser verträglichen Impfstoff. Und nicht nur das: Wenn neue Produkte auf den Markt kommen, werden sie durch Zulassungsstellen geprüft.

Die international tätige US-Arzneimittelbehörde FDA wird aber zur Hälfte von der Pharmaindustrie finanziert, die europäische Zulassungsbehörde EMEA sogar zu zwei Dritteln (vgl. Weiss H.: Korrupte Medizin: Ärzte als Komplizen der Konzerne; 2008; Kiepenheuer & Witsch). Auf dieser Basis ist ein neutrales Gutachten kaum zu erwarten. Denn wenn es um wirtschaftlichen Erfolg und Macht geht, bleiben die Sicherheit und das Wohl der Patienten oft auf der Strecke.

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René Gräber

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6 Kommentare Kommentar hinzufügen

  1. Avatar

    Genau so wie es hier steht, so habe ich es auch vermutet! Ich wurde bisher erst 1 mal richtig schnell geheilt als es mir schlecht ging.. da musste ich eine Nacht schlafen und am nächsten Tag ging es mir wunderbar! Im Gegensatz zB jetzt.. wo ich die Grippe aussitzen muss, weil anscheinend nur Heilpraktiker diese tollen Spritzen geben, anstatt die Ärzte! Es ist echt schade, dass Heilpraktiker nicht von der Krankenkasse übernommen werden, denn, auch wenn ich nicht an alle Heilmethoden glaube, ich wurde von einem Heipraktiker noch nie enttäuscht.. sei es die Heilung der Grippe über Nacht, oder die Löschung meiner Allergien (hat nicht ewig gehalten, aber lange genug.. ca 8 Jahre.. im Vergleich zur Allergietablette, die nur einen Tag hält)!

  2. Avatar

    Allzu schnelles durchwinken der 700 Euro- Pille gegen Hepatitis C durch den GKV Kassenverband, das überhöht bewertete Mittel soll anscheinend Hepatitis C wie noch nie ein anderes Mittel heilen können.

    Die Mitteilung vom GKV Klassenverband lautete in etwa so: Weil in dem Arznei-Mittel Tollhaus BRD der Arzneimittel-Hersteller ein Jahr Preisschutz, hat ein klein wenig herunter gehandelt. Doch genau wie viel – diese Angabe fehlt – in dem Bericht an die Bezugs-Abonnenten. Wer sich in der Presse unabhängig informiert, kann erfahren, wie es zu dem stark überhöhten Preis überhaupt gekommen ist. Ein kleiner Hersteller entwickelte das Medikament, ein gieriger großer Pharmariese kauft die ganze Firma für 11 Milliarden Dollar.

    Jetzt hat dieser Global Player schlicht ausgerechnet, was er für diese Superpille haben muss, weil er so viel Geld ausgegeben hat. Und so kam der Global Player auf die 700 Euro-Pillen-Rechtfertigung. Das wird hier in der BRD alles unkritisch durchgewinkt.

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