Oh ha – wir Deutschen sind immer noch Weltmeister: Wir haben immer noch das komplizierteste Steuersystem auf diesem Planeten. Und ich bin spätestens seit diesem Jahr überzeugt, dass die Krankenkassen dem Steuersystem in Nichts nachstehen wollen.
Dafür gibt es seit ein paar Jahren die „Heilmittelrichtlinie“, die auf das Komma genau vorschreibt, was der Arzt auf das Krankengymnastik-Rezept zu schreiben hat und was nicht.
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Da schlägt man sich mit einem Wust an Vorschriften und Verordnungsziffern herum, die den Eindruck erwecken, dass das ganze Theater bewusst so kompliziert und unübersichtlich gehalten ist, dass Fehler provoziert werden.
Mir kommt es seit längerem so vor, dass wenn auch nur das Kreuzchen an der falschen Stelle ist oder ein Komma zu kurz oder lang erscheint…, dann, ja dann, hat der Therapeut die „A-Karte“ gezogen und bleibt auf seinen Kosten sitzen. Da kommen im Moment schon mal schnell ein paar hundert Euro zusammen.
Da dies eine bundesweite Sauerei…, Verzeihung „Problem“ ist, haben auch die Medien erkannt. In der ZDF-Mediathek wird ein grausames Beispiel aus dem Ländle der Schwaben vorgestellt, deren Krankenkassen als besonders grausame Paragraphenreiter gelten.
Ein Patient mit Hirntumor bekommt von seinem Arzt nach der OP eine Elektrotherapie vom Physiotherapeuten verschrieben. Die Therapie ist erfolgreich und verhilft dem Patienten wieder zur Fähigkeit normal zu schlafen. Seine halbseitige Gesichtslähmung ist fast verschwunden.
Der Arzt stellt jedes Mal ein Rezept für die Behandlungen aus. Die ersten beiden Rezepte werden korrekt mit einem kleinen „a“ im Indikationsschlüssel ausgefüllt. Alle weiteren Rezepte weisen dieses „a“ nicht auf, weil der Arzt es schlichtweg vergessen hatte. Der Therapeut bemerkt den Fehler erst, als es zu spät ist.
Folge: Er wird für seine Mühen nicht entlohnt – die Kasse weigert sich, zu zahlen. Und so hat dieses System „System“: Es geht den Kassen offensichtlich nur darum, Leistungen zu streichen und sich um notwendige Zahlungen zu drücken. Alles dies geht natürlich auf Kosten der Patienten und Therapeuten, die das Nachsehen haben.
Um diesen Bürokratenwahn nicht vollkommen hilflos gegenüber stehen zu müssen, erlauben sich große Therapiezentren einen Mitarbeiter, der sich so gut in der Bürokratie auskennt (Diplom-Bürokrat), dass dieser nichts anderes zu tun hat als die Rezepte und Verordnungen der Patienten auf Fehler zu untersuchen. Und in einem Drittel der Fälle werden sie dann auch fündig.
Für das Therapiezentrum heißt dies, dass ohne diesen Mitarbeiter 33 Prozent der Leistungen von den Kassen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bezahlt werden würden, hätte dieser „Neu-Bürokrat“ die Fehler nicht gefunden. Das sind 33 Prozent Verlust. Wer kann sich so etwas leisten?
Wenn Fehler in der Verordnung gefunden werden, dann muss der Patient zurück zu seinem Verordner – eine zusätzliche Belastung für oft schwer kranke Patienten, die möglicherweise dann vielleicht sogar ganz auf die Therapie verzichten, weil das bürokratische Prozedere ihre letzten Kraftreserven übersteigt. Und damit hat die Krankenkasse wieder einen Unkostenposten weniger. Na, Herzlichen Glückwunsch.
Und dann gibt es da noch den „Kriminalisierungstrick“ seitens der Krankenkasse: Wenn ein Therapeut mal eine falsch ausgefüllte Verordnung zur Abrechnung einreicht, dann kann man ihn/sie des Betruges anklagen und damit sogar Rückforderungen einklagen.
In einem solchen Fall wird der Therapeut einiges an Leistungen zurückerstatten müssen, was ihn/sie an den Rand des Ruins treiben kann. Und wenn der Therapeut sich diesen Ärger mit den gesetzlichen Krankenkassen ersparen will, dann zieht er die Reißleine und akzeptiert nur noch Privatpatienten. Aber auch das ist leichter geschrieben als getan.
Und wer immer noch glaubt, dass die gesetzliche Krankenkasse an dem Wohlergehen der Patienten interessiert ist, der wird sehr wahrscheinlich auch glauben, dass Vioxx und Avandia zum Wohl der Patienten von der Pharmaindustrie erschaffen worden sind.
Oder dass der Storch die Kinder bringt.
Mal sehen, was die Bürokraten sich noch einfallen lassen …
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27. August 2012 um 21:55
Genau deswegen habe ich meine wunderbare kleine eigene Praxis für Physiotherapie aufgegeben.
Es ist ein so schönes Arbeiten, viele Physio`s sind Idealisten und machen ihren Beruf „aus Berufung“, als überzeugte Idealisten, weil sie ein guter Mensch sein wollen, und eine sehr sinnvolle Tätigkeit ausüben möchten.
Wir werden regelrecht demotiviert im Laufe der Zeit, wenn wir uns solche „Berufsbehinderung“ weiterhin bieten lassen. Ich wünschte, (langsam entwickele ich wirklich Resantiments gegen derlei Machenschaften) man könnte all`jene, die solche Schikanen verursachen, von einem eigenen Nutzen der Physiotherapie ausschließen. Das ist wirklich eine Frechheit, was auf diesem Gebiet geschieht!
Renate (eigentlich sehr friedliebend)
27. August 2012 um 23:10
Bürokratenwahnsinn 2007 im Krankenhaus erlebt. Wegen einer Nierenentzündung durch einen Nierenstein lag ich 3 Wochen im Krankenhaus. Ich mußte nach einer Woche wieder erscheinen zur Steinzertrümmerung- morgens um 7:00 da sein, um 12:30 Uhr war ich endlich an der Reihe, nachdem ich mich einige Male beschwert hatte. Bevor irgendwas gemacht wurde mußte ich eine Latte von Fragen beantworten. Letztendlich haben die es nicht geschafft den Stein zu entfernen. Also bekam ich einen neuen Termin eine Woche später. Das gleiche Zeremoniell- richtig verärgert wegen der wiederholten langen Wartezeit und weil der junge Arzt wieder die gleichen Fragen beantwortet haben wollte. Vergrätzt fragte ich den jungen Mann ob er mich veralbern will, immerhin habe ich das alles schon vor einer Woche beantwortet. Der fühlte sich sichtlich unwohl, weil er merkte, dass ich richtig sauer war. Nach einer Weile entschuldigte er sich und meinte das wird vom Oberarzt veranlaßt, er kann da nichts machen er muß das wieder fragen. Aber wissen Sie Frau Rössler, sagte er, wenn ich gewußt hätte das ich hier mehr Bürokrat bin als Arzt hätte ich nicht Medizin studiert. Ich habe nämlich kaum Zeit mich um Patienten zu kümmern. Irgendwie tat er mir dann leid. Zu meinem Glück war die Steinzertrümmerung jedenfalls erfolgreich, aber letztendlich habe ich den ganzen Tag wegen dieser Kleinigkeit im Krankenhaus verdaddelt, wegen übertriebenem Bürokratismus und schlechtem Terminmanagement. Ein Hoch auf den deutschen Bürokratenwahn!
31. August 2012 um 03:35
Ihr werdet doch nicht galuben, man sieht es ja auch in Griechenland, dass sich diese „Beamten“ ihre Pfründe streitig machen lassen.Solange das vertrottelte Volk zu melken ist, werden die das tun, sie können ja sonst nichts – die Armen ggg
4. September 2012 um 11:13
habe am lendenwirbel4oder5?abnutzung mit schmerzen gehabt bis zur kleinen fußzehe,erfahrener orthopäde hat mir geholfen und geraten muskulatur zu stärken durch wassergymnastik,,ikk trug bei 20 anwendungen 150 euro bei.2012,wassergym.10 mal wiederholt,kein geld von ikk,da dieselbe anwendung nur aller 2 jahre finanziert wird???Es ist eine gemeinsame absprache mit den anderen kassen!!ich enthalte mich eines kommentares,weil mir sonst die galle überläuft…mfg andrea elisabeth
14. Oktober 2012 um 02:51
Es ist Zeit, sich von dem Gedanken zu verabschieden,daß die gesetzlichen Krankenkassen für ihre Versicherten etwas „Gutes“ wollen.Der Kranke interessiert überhaupt nicht,im Gegenteil: Die KV ist zu einem riesigen Wirtschaftapparat verkommen,der nicht mehr den Menschen und sein Wohlergehen im Visier hat,sondern den eigenen Profit.Ärzte+Therapeuten werden mit Dumping-Sätzen+hartem Reglement abgespeist und oben beschriebenes Procedere(welches ich aus eigener Physiotherapie-Praxis nur zu gut kenne)ist nur 1 Teilaspekt.Erwirtschaftete Überschüsse kommen nicht dem Versicherten zu Gute,sondern werden einbehalten.Es gibt mittlerweile so viele Systeme,die nicht für den Menschen und sein Wohlergehen arbeiten,sondern konsequent gegen ihn gerichtet sind…(Man schaue sich nur die Nahrungsmittelindustrie mit ihren vielen denaturierten,voller E`s angebotenen Produkten,..).Von Menschen erschaffen gegen den Menschen…..Ein klarer Bewußtseinswandel ist daher gefragt.Und die Frage,wo bediene ich unsägliche Zustände noch mit und halte sie dadurch aufrecht und mich selbst in der Opferrolle? Wo fange ich an,Grenzen zu setzen und für mich einzustehen.Wir können erstmal nur bei uns selbst ansetzen.Durch den immer weiter steigenden Leidensdruck werden andere folgen und dieses kann den Wandel bringen.Menschenverachtende Systeme haben sich bisher alle über kurz oder lang an die Wand gefahren…….
3. September 2013 um 09:32
Kommt mir sehr bekannt vor. Ist leider auch bei uns in der Physiotherapie-Praxis unser täglich Brot. Das Video funktioniert übrigens nicht.
Antwort René Gräber:
Vielen Dank! Video habe ich wieder bei Youtube gefunden und entsprechend eingefügt.