Die Gesundheitsreform 2030: Der Patient wird digital recycelt
Die Gesundheitsreform 2030. Revolutionär. Nachdem alle Reformen bisher gescheitert sind, wird es Zeit, das Problem mal von Grund auf anzugehen. Und das geht nur, wenn man das System von allem befreit, was es lähmt – vor allem vom Menschen!
Das ist nur konsequent. Jahrzehntelang hat der Patient das Gesundheitswesen aufgehalten: mit Fragen, Symptomen und diesen lästigen Bedürfnissen nach Zuwendung oder auch Fragen nach Alternativen oder gar Naturheilkunde!
2030 übernimmt endlich die Technik. Der Mensch wird zum Datenpunkt, die Krankheit zur Kennzahl – Effizienz endlich ohne lästige Empathie. Wir leben schließlich im 21. Jahrhundert.
Gesundheit 2030 heißt: Wer krank ist, wird verwaltet. Wer gesund bleibt, wird überwacht. Und wer stirbt, entlastet endlich das System.
Vom Patienten zum Produkt
Die Bundesregierung nennt dies dann „medizinische Digitalisierung“. In Wahrheit ist es die schönste Form der Entfremdung seit Erfindung des Fließbands. Künftig weiß Ihre elektronische Patientenakte mehr über Sie als Ihr Ehepartner oder sogar facebook und Google zusammen; nur die NSA weiß natürlich alles.
Die EPA-Computer werden Ihnen auch rechtzeitig mitteilen, wann Sie krank zu werden haben – statistisch gesehen ist das ohnehin planbar.
Zum Beispiel wird dann jeder Husten algorithmisch bewertet. Ab 5,5 Husten pro Minute erfolgt eine automatische Meldung an die Kasse, ab 9,2 übernimmt die Notfall-Drohne.
Die Klinik weiß Bescheid, bevor Sie es tun. Das nennt man Fortschritt – solange man diesen von außen betrachtet und ihn nicht von innen erlebt.
Konstanz auf hohem Niveau: Die Schulmedizin bleibt tödlich effizient
Die Zahlen zu Medikationsfehlern, Fehldiagnosen und ärztlichen Kunststücken – man sagt heute noch „Kunstfehler“ – zeigen keine Belege, dass die Schulmedizin ihren Platz auf dem Siegertreppchen verbessert hätte. Platz drei unter den häufigsten Todesursachen bleibt stabil – ein Muster an Verlässlichkeit in bewegten Zeiten. Das ändern wir auch 2030 nicht, denn dieses System arbeitet schlicht zu effizient, um es zu reformieren. Es weiß auch kaum jemand davon – was den Erfolg erklärt.
Natürlich wird die Akutmedizin weiter als Aushängeschild präsentiert! Neurochirurgen operieren mit Robotern, Hüftgelenke werden millimetergenau implantiert, und auf Kongressen glänzt man mit 3D-Druck aus Titan und dem neuesten OP-Assistenzsystem.
Das ist die Schauseite der modernen Medizin – Hochglanz, Präzision, Fortschritt. Die Gallionsfigur, die beweisen soll, wie segensreich das System ist.
Und das stimmt ja sogar – solange man im richtigen Moment umfällt. Für Akutpatienten ist man da, für Ersatzteile sowieso. Das Fernsehen liebt solche Geschichten: das neue Herz, die neue Hüfte, die neue Hoffnung. Was man seltener hört: dass dieselbe Medizin den größten Teil ihrer Einnahmen mit jenen erzielt, die nie wieder ganz gesund werden sollen.
Denn an chronisch Kranken verdient man planbarer, nachhaltiger, zuverlässiger. Ein Mensch mit Dauerrezept ist ein treuer Kunde.
Kreislauf stabil, Umsatz stabil – die ideale Balance zwischen Ethik und Rendite.
Man könnte erwarten, dass eine Wissenschaft, die über sich selbst forscht, irgendwann etwas dazulernt. Doch weit gefehlt. Seit Jahren sind die Zahlen bekannt, seit Jahren geschieht: nichts. Aber warum auch? In einer Medizin, die Krankheit als Geschäftsmodell begreift, wäre Heilung ein Betriebsunfall. Und Betriebsunfälle möchte man in einem modernen, digital optimierten System schließlich vermeiden. Also alles perfekt aufgestellt für 2030.
Die neue Heilige Allianz
Natürlich wird die Medizin von morgen nicht mehr vom Hausarzt bestimmt, sondern von jenen, die schon heute wissen, was gut für uns ist, also Pfizer, Bayer & Co., sowie die Europäische Arzneimittelagentur. Früher nannte man das Pharmalobby. Heute heißt es „Public Health Partnership“. Klingt besser, wirkt seriöser – kostet aber leider das Zehnfache.
Das neue Ziel lautet: Gesundheit durch mehr Umsatz. Der Mensch als Lieferkette, der Patient als Absatzmarkt. Das dient auch dem Wirtschaftswachstum! Es ist zwar keinesfalls nachhaltig, aber darum geht es nicht. Wenn Sie sich also fragen, warum Sie jedes Jahr ein neues Virus, eine neue „Spritze“ und ein neues „Abonnement“ brauchen – keine Sorge: Es ist nur Ihr Beitrag zur Systemstabilität.
Die KI erkennt Risiken und die Pharmaindustrie liefert sie gleich mit. Ein perfekt abgestimmtes Ökosystem: Sie zahlen, um gesund zu bleiben – und noch einmal, um es zu bleiben, nachdem Sie krank geworden sind. Genial.
Arzt? Nicht nötig.
Man wollte den angeblichen Ärztemangel bekämpfen – und hat die Ärzte abgeschafft. Eine Lösung, die sich so logisch anhört, dass sie in Berlin sofort Gesetz wurde.
2030 heißt die Praxis: App. Die App kennt Sie besser als Ihr Arzt, weil sie Sie niemals sieht. In gewisser Weise ist sie wie die Politik: maximal kompetent, solange sie ohne Realität auskommt. Ihre Blutwerte wandern direkt in die Cloud, wo sie von einem Algorithmus bewertet werden, der von derselben Firma stammt, die auch Ihre Krankenkasse betreibt.
Das spart Zeit, Nerven – und menschliche Wärme. Die Drohne bringt ihr Medikament.
Gesund durch Abwesenheit
Das Gesundheitswesen 2030 ist papierlos, kontaktlos – und hoffnungslos.
Gesundheit bedeutet nicht mehr Wohlbefinden, sondern Funktionsfähigkeit.
Wer nicht mehr behandelt wird, gilt als geheilt. Wer stirbt, entlastet das System – eine Lösung, die sich rechnet.
Jede vermiedene Operation spart CO₂. Jeder vermiedene Patient erst recht.
Das nennt man „nachhaltige Medizin“ – also jene, bei der nichts mehr bleibt, was behandelt werden müsste.
Ein Durchbruch für die Umwelt und das Klima!
Digital recycelt
Am Ende dient der Mensch als digitaler Rohstoff. Seine Daten wandern in Forschungsdatenbanken, seine Krankheiten in Produktpipelines. Man könnte sagen: Der Patient stirbt nicht, er wird recycelt. Danach können wir noch über Soylent Green nachdenken, ist aber ein Problem des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, usw.
Die Gesundheitsreform 2030 wird also ein Meilenstein.
Ein System, das sich selbst heilt – finanziert von den Patienten, verwaltet von Algorithmen, bejubelt von Pharmavorständen.
Und falls jemand ernsthaft krank wird: keine Panik. Dafür gibt es eine App.
Mit Werbung für das passende Medikament.
Nachhaltigkeit beginnt, wenn man die Krankheit gleich mitverkauft.
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Gut… sooo schwarz ist es selten. Aber wie soll man es sonst aushalten?