Es gibt politische Entscheidungen, die entstehen aus Erkenntnis. Und es gibt solche, die entstehen aus Schaden. Was Schweden und Dänemark derzeit im Bildungsbereich tun, gehört eindeutig zur zweiten Kategorie.
Ausgerechnet jene Länder, die jahrelang als Vorreiter der digitalen Schule galten, treten auf die Bremse. Gedruckte Lehrbücher werden wieder vermehrt eingeführt und vor allem längere Lesezeiten gefordert. Das Schreiben mit der Hand soll ausdrücklich gefördert werden. Tablets und Smartphones sollen in den ersten Schuljahren möglichst ganz verschwinden oder nur noch gezielt eingesetzt werden.
Das wird offiziell als „Neuausrichtung“ verkauft. In Wahrheit ist es ein stilles Eingeständnis: Man ist einfach zu weit gegangen.
Noch vor wenigen Jahren galt jeder Zweifel an der Digitalisierung des Unterrichts als rückständig. Heute heißt es plötzlich: die Konzentration leidet, die Sprachentwicklung stockt, Lernerfolge bleiben aus.
Was für eine Überraschung. Wer genau hischaute konnte das längst erkennen.
Digitalisierung als Heilsversprechen – und als Irrtum
Die Erzählung war einfach: Mehr Tablets = besseres Lernen. Mehr Bildschirm gleich mehr Zukunft. Wer widersprach, galt als technikfeindlich oder von „vorgestern“.
Dabei war das eigentliche Experiment von Anfang an fragwürdig: Man hat nicht erst gefragt, wie Kinder lernen, sondern welche Geräte man anschaffen kann. Pädagogik folgte der Hardware, nicht umgekehrt.
Während meines ersten Studiums (Pädagogik) lernte ich, wie Kinder lernen – und es gab bereits tonnenweise Studien, die das genau zeigten. Aber es wurde und wird ignoriert.
Kleiner Exkurs: alleine der Unsinn, dass das Konzept „Wir schreiben wie wir hören“ immer noch zeitweise in deutschen Schulen auftaucht, lässt mich am Verstand der Verantwortlichen in den entsprechenden Ministerien zweifeln. Als ob wir das nicht schon seit den 70ern Wissen, dass dieser Unfug in die allerunterste Schublade gehört und nie wieder gelehrt werden sollte… Aber nein.
Nun denn…
Schweden liefert nun in Sachen Tablett & Co. die Quittung: sinkende Lesekompetenz, Probleme beim Textverständnis. Kinder, die zwar wischen können, aber Mühe haben, einen Absatz zu erfassen oder einen Gedanken sauber zu Ende zu führen. Und mit der KI wird es sicher nicht besser werden…
Dänemark zieht nach. Weniger Bildschirm. Mehr Buch. Mehr Handschrift.
Was das Gehirn wirklich braucht
Das menschliche Gehirn ist eben kein Touchscreen. Lesen auf Papier aktiviert andere neuronale Netzwerke als Lesen auf dem Bildschirm. Schreiben mit der Hand formt Denken anders als Tippen. Langsame, lineare Informationsverarbeitung ist kein Mangel, sondern eine Voraussetzung für Verstehen.
Der Zürcher Hirnforscher Lutz Jäncke hat es mehrfach formuliert: Dauerhafte Reizwechsel, Multitasking und schnelle visuelle Belohnungen schwächen genau jene Fähigkeiten, die Schule eigentlich fördern sollte: Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Abstraktion.
Man kann ein Kind nicht gleichzeitig auf Dopamin trimmen und Konzentration erwarten. Das schließt sich aus.
Die Elite wusste es schon früher
Interessant ist: Das alles ist nicht neu. Im Silicon Valley war das Umdenken längst da, als Europa noch Tablets bestellte und immer noch bestellt! Ausgerechnet Programmierer, Entwickler und Tech-Manager schickten ihre Kinder auf technikfreie Schulen. Waldorf, Montessori, klassische Privatschulen ohne Bildschirme. Ich hatte dazu berichtet: Warum Programmierer aus dem Silikon Valley ihre Kinder ohne Computer erziehen
Steve Jobs verbot seinen Kindern das iPad. Bill Gates begrenzte Smartphone-Nutzung strikt.
Die Menschen, die die Geräte entwarfen, wollten sie ihren Kindern nicht zumuten. Auch das ist eine Form von Wissen. Noch Fragen?
Übrigens: Wenn Sie solche Informationen interessieren, dann fordern Sie unbedingt meinen kostenlosen Praxis-Newsletter „Unabhängig. Natürlich. Klare Kante.“ dazu an:
Die neue Bildungsfrage ist eine soziale
Was heute unter dem Schlagwort „digitale Bildung“ läuft, ist längst auch eine Klassenfrage.
Bildschirmzeit ist billig. Bücher, Ruhe, individuelle Förderung sind teuer.
Studien aus den USA zeigen: Kinder aus einkommensschwachen Familien verbringen deutlich mehr Zeit vor Bildschirmen als Kinder aus wohlhabenden Haushalten. Wer es sich leisten kann, kauft seinem Nachwuchs Zeit, Struktur und analoge Förderung.
Wer es nicht kann, bekommt Lern-Apps.
So entsteht ein digitales Proletariat – und eine analoge Elite.
Wenn man es auf den Punkt bringen will: wenn die Elite oder die Herrschenden das Volk dumm halten wollten – dann sollte man ihnen Tabletts, Lernapps usw. geben!
Warum das alles niemand offen sagt
Weil es peinlich ist, aber auch, weil es niemand wissen will oder soll – je nachdem wie man es sieht.
Man hat Milliarden investiert. Geräte beschafft. Programme aufgelegt. Schulungen gemacht. Und jetzt zeigt sich: Der pädagogische Nutzen war bestenfalls begrenzt, teilweise kontraproduktiv.
Also spricht man lieber von „Balance“, von „reflektiertem Einsatz“ und „pädagogischer Einbettung“. Alles Begriffe, die übersetzen heißen: Zurück zum Wesentlichen – aber ohne Gesichtsverlust.
Fazit
Was wir derzeit in Schweden und Dänemark beobachten, ist kein pädagogischer Trendwechsel, sondern ein verspätetes Eingeständnis. Man hat Kinder über Jahre hinweg einem groß angelegten Experiment ausgesetzt – mit Geräten, Apps und Bildschirmen – ohne solide Belege dafür, dass dies dem Lernen wirklich nützt. Jetzt zeigt sich, was viele von Anfang an wussten: Es hat geschadet.
Lernen braucht Zeit, Wiederholung, Ruhe und Tiefe. Es braucht Bücher, Stift, Papier, Konzentration – und Lehrer, die Inhalte entwickeln, statt Folien abzuspulen. Digitalisierung kann unterstützen, ja. Aber sie ersetzt kein Denken. Und sie formt kein Gehirn.
Dass ausgerechnet die Vorreiter der digitalen Schule nun zurückrudern, sollte auch hierzulande ein Warnsignal sein. Nicht für ein „Zurück ins Gestern“, sondern für eine Rückbesinnung auf das, was Lernen seit Jahrhunderten erfolgreich macht. Wer das ignoriert, zahlt den Preis nicht selbst – sondern die nächste Generation.
Die eigentliche Frage lautet deshalb nicht mehr, ob wir den Digitalisierungswahn in Schulen bremsen sollten. Sondern: Warum wir so lange gebraucht haben, um den Schaden überhaupt zu erkennen?
Aber wir machen mit diesen unsinnigen Experimenten ja weiter… so auch im Sport, in dem u.a. die Bundesjugendspiele abgeschafft wurden. Und falls einem nicht mehr einfällt: da war noch die Sache mit dem „wir schreiben wie wir hören“…
Übrigens: Wenn Sie solche Informationen interessieren, dann fordern Sie unbedingt meinen kostenlosen Praxis-Newsletter „Unabhängig. Natürlich. Klare Kante.“ dazu an:

